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Allgemeines > Chronik > auf den Spuren... > Spuren 8

V e r s c h i e d e n e :

Zur Situation der Leinweber in Mecklar in der Zeit um 1840



Georg L a n d a u :

[Zur Bedeutung des Leinengewerbes im Kurfürstentum Hessen] - Ausschnitte [1842]


"Unter den Erwerbszweigen des hessischen Volkes nehmen das Spinnen des Flachses und das Weben der Leinwand eine der obersten Stellen ein; denn außer der Landwirtschaft, mit denen beide in der Regel verbunden sind, findet sich kein anderes Gewerbe so allgemein verbreitet und zugleich so alt und so tief mit dem Leben des Volkes verbunden. Die Spinnerei, bei der man sich des gewöhnlichen Handspinnrades bedient, gehört zu den Winterarbeiten des hessischen Landhaushaltes und nimmt da vorzüglich die weibliche Tätigkeit in Anspruch, von dem Kinde, sobald dasselbe das Rad zu bewegen und zu drehen vermag, bis zur hochbejahrten Greisin."



Carl S u n k e l :

[Gutachten zur Situation des Leinengewerbes im Raum Hersfeld] - Ausschnitte [1844]


"Hier in der Umgegend wird fast ausschließlich Schockleinen und nur im Haunetal Flächsenleinen (Hausmacherleinen) gewebt. Es müßte daher hier die Feinspinnerei nach Liebefelder Art, wie in Fritzlar und Wolfhagen wohl nicht eingeführt, sondern vielmehr auf Vervollkommnung des Spinnens gesehen werden. Mein unmaßgeblicher Vorschlag wäre nur der, daß vorerst nur in einigen größeren Gemeinden, wo die Spinnerei und Weberei hauptsächlich getrieben wird, Spinnschulen errichtet würden, zu welchen nicht bloß Kinder, sondern auch erwachsene Spinnerinnen auch dergleichen aus den zunächst liegenden Gemeinden, wo keine Spinnschulen bestehen, zugelassen werden könnten. ...

Hierunter bemerke ich noch diejenigen Gemeinden, wo die Leinweberei und Spinnerei hauptsächlich betrieben wird und wünschte ich, daß die Gemeinden Gerterode, Ober- und Niederthalhausen, Bauhaus (im Kreis Rotenburg) sowie Mühlbach und Saasen (im Kreis Homberg), in welchen mehr Leinen fabriziert wird als in irgend einem Ort hiesigen Kreises, eben solche Spinnschulen erhielten. In solchen Orten wird besonders Leinweberei getrieben: Rohrbach, Tann, Biedebach, ... Meckbach; in nachstehenden Dörfern wird auch Schockleinen gewebt, aber doch

in geringer Menge: Friedlos, Reilos, Mecklar, ..."



Karl-Heinrich B r e h m :

[Zu Flachsanbau, Leinweberei und Einrichtung einer Spinnschule in Mecklar] [1844]


"Der Flachsbau steht hier noch auf einer zu niedrigen Stufe der Kultur, um zur Gewinnung eines feinen guten Garns und Leinens das erforderliche Material liefern zu können. Man hält sich fast durchgängig an einen Saatlein von schlechter Qualität und anstatt mit fremdem ausländischem Lein bei der Aussaat zu wechseln, säet man vielmehr ständig den ein Jahr zuvor geernteten Lein wieder aus. Damit es nun dann nie fehle und noch eine Quantität zur Gewinnung des dortigen Leinöls übrig bleibe, läßt man den Flachs so lange auf dem Lande stehen, bis der Lein reif geworden ist, wobei der Flachs natürlich kein gutes Bast liefern kann. Statt im März oder höchstens April die Leinsaat vorzunehmen, säet man erst im Juni aus, nachdem man das Land mehrmals gepflügt und geeggt und dadurch eine solche Austrocknung des Bodens herbeigeführt hat, daß bei ausbleibendem Regen der Flachs um so mehr verderben muß, als man unmittelbar vor der Saat den Acker mit frischem Dünger überfahren hat. Auch säet man, vieler anderer Mängel beim Flachsbau nicht zu gedenken, den Lein alle drei Jahre immer wieder auf ein und dasselbe Land. Zum Ankauf eines guten ausländischen Leins, was wenigstens alle zwei bis drei Jahre geschehen müßte, versteht sich der Bauer nicht leicht, weil er die bare Auslage scheut.

Hiernach wäre also zuerst für die Produktion eines besseren Flachses zu sorgen. Wenn aber auch der Feinspinnerei hier die geringe Qualität des gewonnenen Materials als Hindernis im Wege steht, so ließe sich doch daraus ein besseres und feineres Garn, als gewöhnlich geschieht, bereiten, sobald die Bewohner zweckmäßige Anleitung fänden, nicht allein den rohen Flachs zum Spinnen besser vorzubereiten, sondern ihn auch selbst besser zu spinnen. Findet sich nun auch in den Gemeinden Reilos, Rohrbach, Tann niemand, der hierzu die nötige Anleitung zu geben imstande wäre, so könnte solches doch hier und in der Gemeinde Friedlos geschehen, wo mit den bestehenden Strickschulen zugleich auch Spinnschulen verbunden werden.

Zur Anschaffung der notwendigen Gerätschaften, um den Flachs gehörig zu verarbeiten, möchte auch wenigstens hier in Mecklar die Gemeindekasse, deren Einnahme nicht unbedeutend ist, imstande sein. Sollten auch, wie vorauszusehen ist, die ersten Leistungen einer solchen Anstalt nicht vollkommen befriedigen, so wäre doch damit der Anfang zur Bereitung eines besseren Garns gemacht, und die Flachsbauer würden - durch die Aussicht auf größeren Gewinn angespornt - sich mehr bestreben, einen besseren Flachs zu produzieren. Der Boden ist hierzu nicht ungeeignet. Daß der Flachsvorrat gewöhnlich um Ostern aufgesponnen ist, dünkt mir, da die Eltern leicht eine Quantität Flachs für den Sommer aufbewahren können, um ihre Kinder auch in dieser Jahreszeit mit Spinnen zu beschäftigen, weniger ein Hindernis zu sein, als vielmehr die Feldarbeiten zur Erntezeit, wobei die Eltern ihre Kinder gewöhnlich jedem anderen Geschäft entziehen. Der Meinung des Leinenhändlers Sunkel, daß die spezielle Aufsicht über die Spinnschulen dem Ortsvorstande zu übertragen sei, möchte ich übrigens aus mehreren Gründen nicht beistimmen.

Mecklar, den 19.11.1844 Pfarrer Brehm"



Quelle: Brunhilde Miehe: Spinnschulen zur Förderung des Leinengewerbes, in: Mein Heimatland - Zeitschrift für Geschichte, Volks- und Heimatkunde (Monatliche Beilage zur Hersfelder Zeitung), Band 33 (1988), S. 57 ff., mit Zitaten aus: Landau, Georg: Beschreibung des Kurfürstentums Hessen, Kassel 1842, S. 89; Staatsarchiv Marburg, Bestand 180 (Landratsamt Hersfeld), Nr. 54.

 

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